Résumé zur Auswanderung - Die Greiners

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Résumé zur Auswanderung

Unsere Projekte
15 Jahre Erfahrung – Nach langer Zeit ein Résumé.

Nun vorab: Ja, wir sind immer noch in Norwegen. Und haben wir diesen Schritt jemals bereut?
Wie ist es gelaufen? Wie ist der Werdegang seit unserem Auszug aus Deutschland?
Darum geht es hier in diesem letzten Kapitel.
Es sind nun so viele Jahre vergangen. Und natürlich hat sich unser Leben hier normalisiert.
Die Kinder sind groß geworden, und wir haben sogar Nachwuchs bekommen hier in Norwegen, mehr dazu HIER.
Kinder
 
Unsere Kinder, das Wichtigste in unserem Leben.

Nathalie ist in festen Händen, ausgezogen und wohnt in Oslo. Sie ist Lehrerin und unterrichtet in einer Osloer Schule.
 
Dustin ist noch auf der Suche nach seinem Kurs. Er ist ein sehr warmherziger mitfühlender Mann geworden, der es so langsam schafft, sein Lebensweg zu finden.
 
Aurelia ist in der Weiterführenden Schule, bereits im zweiten Jahrgang. Sie macht sich prächtig, an ihr sehen wir am meisten wie die Zeit an uns vorbeigezogen ist. Sie kam als Einjährige nach Norwegen und ist nun 16 Jahre an. Sie kennt eigentlich nur die norwegische Kultur.
 
Mia-Tiara ist das einzige Kind was auch in Norwegen geboren ist. Hierzu gibt es HIER eine eigene Seite. Sie geht nach den Sommerferien in die erste Klasse der Grundschule hier im Ort.
Dach über dem Kopf/Haus

 
Die ersten Jahre haben wir total preiswert in einem uralten Haus (ohne Badezimmer) gewohnt. Für NOK 2.200,- war das ein totales Schnäppchen. Nachdem wir dem Haus einen Anbau gegönnt haben, ist der Vermieter (wegen Mehrwert des Hauses) mit dem Preis allerdings um 300% gestiegen. Nicht falsch verstehen, das war so abgesprochen.

 
Das war dann auch der Startschuß, uns ein Eigenheim zu suchen. Zwei Jahre hat es gedauert, bis wir was Passendes gefunden haben.
 
Hier wohnen wir nun immer noch. Ob wir noch mal umziehen? Keine Ahnung, das sehen wir dann.
Sprache
 
Das große Thema ist der regionale Slang, der Dialekt und natürlich auch die Tatsache, dass es hier zwei Sprachen gibt (Nynorsk und Bokmål). Aktiv zu tun haben wir eigentlich nur mit bokmål, allerdings sind die regionalen Dialekte teilweise so ausgeprägt, dass die Verständigung besonders am Anfang ein echtes Problem für Nicole und mir war. Aber mittlerweile geht es ganz gut, unsere Herzens- und Denksprache wird wohl immer deutsch bleiben, aber mittlerweile klappt sogar der Smalltalk mit den „Eingeborenen“ hier.
 
Problematisch ist es, wenn sich zwei Norweger mit dem gleichen Dialekt unterhalten und ich daneben stehe. Das ist mitunter echt schwer dem Gespräch zu folgen. Oder wenn im norwegischen TV eine Sendung läuft mit Darstellern aus einer ganz anderen Region Norwegens.
  
Die Unterhaltung mit den Kindern ist eine Besonderheit bei uns:
 
Mit unserer Kleinsten Mia reden wir eigentlich nur Deutsch. Sie weigert sich inständig, norwegisch mit uns zu reden. Keine Ahnung warum. Aber mit ihren zwei ältesten Geschwistern redet sie norwegisch, und bei Dustin weigert sie sich wiederum, deutsch zu reden.
  
Dustin redet zumeist (bei mir) norwegisch. Ihm fehlt es an Wörtern, wenn er was erklären oder vermitteln will. Oft gibt es dann ein bilinguales Gespräch zwischen uns, wenn mir dann bestimmte Wörter fehlen.
 
Aurelia redet Deutsch, es sei denn, sie kommt gerade von der Schule und erzählt über ihren Tag, das muss dann auf Norwegisch erfolgen!
 
Bei Nathalie haben wir uns eigentlich immer auf Deutsch unterhalten. Sie ist nun schon einige Jahre aus dem Haus und redet dadurch nur noch norwegisch. Wenn sie dann mal zu Besuch bei uns ist, fällt uns mittlerweile richtig auf, dass sie einen „Dialekt“ in ihrer deutschen Sprache entwickelt hat. Und manchmal baut sie Sätze, die ein Deutscher nie so bauen würde, aber ein Norweger. Urkomisch J!
Beruflicher Werdegang

 
Nicole hat als Altenpflegerin, Pflegerin, Bingo-Chefin und vieles Mehr gearbeitet. Zur Zeit ist sie aber gesundheitlich angeschlagen und bekommen Stütze vom Amt.
 
Ich bin immer noch Tischler. Der Leiharbeitsfirma habe ich vor einigen Jahren den Rücken gekehrt und arbeite nun in einer „richtigen norwegischen“ Firma mit Norwegern und Schweden. Seit dem hat sich meine Sprache um Meilen verbessert, weil ich seitdem die Sprache nutzen muß und nicht ins Englische ausweichen kann. Die Entscheidung, die Firma zu wechseln, war daher mich ein Glückstreffer!
 
Arbeiten ist hier immer noch viel entspannter und ohne Stress. Man ist auf Augenhöhe mit denen, die die Bauvorhaben steuern und fühlt sich nicht minderwertig.
Finanzielles

Um es mal so auszudrücken: Wir kommen bis dato gut mit unserem Einkommen aus. Wir mussten niemals hungern und konnten uns eigentlich alles leisten, was wichtig für unser Leben war.
Wir konnten uns ein Haus kaufen und haben ein fast neues Auto, etwas was in Deutschland niemals möglich gewesen wäre!
Die momentane Situation allerdings (Preisanstieg in den Lebensunterhaltskosten, Strom, Benzin) gibt es auch hier und die Lage ist zurzeit etwas angespannt.
Norwegisches Geld? Ganz im Ernst: Wir haben keine Ahnung, wie es aussieht. Hier wird alles, und wirklich alles, mit Karte bezahlt. Um die Übersicht zu behalten gibt es die passende Apps, auch für die Kinder. Sie bekommen Taschengeld über VIPPS, sowas ähnliches wie Paypal, mit der via Mobiltelefon bezahlt wird. Klappt auch in Geschäften, wenn man seine VISA-Karte mal nicht dabei hat. Und auf Flohmärkten und Ähnlichen wird damit auch bezahlt.
Telekommunikation

Handys hatten Nathalie und Dustin eigentlich immer. Am Anfang war es uns wichtig, daß sie Erreichbar sind, da sie ja die Sprache nicht konnten und niemanden fragen konnten wenn sie sich zum Beispiel mal verlaufen würden.
Internet hatten wir auch schon immer, wenn am Anfang total langsames. Seit dem Umzug allerdings haben wir hier 4G Breitband. Das Netz ist stabil und schnell genug für uns.
Bürokratie

 
Die Bürokratie in Norwegen ist die von Deutschland gleichzusetzen. Für alles gibt es Formulare oder Anträge. Der größte Vorteil ist die Digitalisierung. Man signiert Verträge elektronisch, Papierkram gibt es hier so gut wie überhaupt nicht.
Gesundheitssystem

 
Mit zwei Wörtern: Eine Katastrophe!
 
Das norwegische Gesundheitssystem ist ohne Übertreibung das Letzte. Um es mal so auszudrücken: Norwegen ist ein tolles Land, so lange man gesund ist.
 
Das größte Problem sind ewig lange Wartezeiten, bis man einen Termin bei einem Spezialisten bekommt. Und da rede ich nicht von Wochen, sondern Monaten. Vielen Monaten! Acht Monate war bei uns das Längste. Bei unseren „kleinen“ Wehwehchen ist das nicht ein so großes Problem, aber hier sterben Menschen, weil sie nicht rechtzeitig einen Termin für z.B. eine Strahlentherapie bekommen konnten.
 
Und die Diagnose ist ein Witz. Oft genug wurde man lediglich gefragt, welche Symptome man hat. Es wird seitens des Arztes nichts diagnostiziert. Kein Abtasten, kein „in den Mund schauen“ bei Halsschmerzen, kein Dehnen der Gliedmaßen bei Schmerzen im  Arm oder Bein. Die Standartantwort heißt hier: Nehmen sie Schmerztabletten. Als ob sämtliche Ärzte hier in Norwegen gesponsert werden.
 
Ich vertraue norwegischen Ärzten nicht. Kein Wunder, habe ich doch tatsächlich einen Arzt schon mal Googlen sehen.
 
 
Da haben wir mit unserer Hausärztin einen echten Glückstreffer erlangt. Sie hat noch nicht einmal in unserer Kommune ihre Praxis, ist aber eine Deutsche. Aber wehe sie muss uns weiterleiten zu einem Spezialisten, dann geht der Ärger los!
 
 
Vorteilhaft hier ist die Digitalisierung. Vom Gelben Schein bis zum Rezept geht alles via Handy oder PC.
Bildungssystem

Wenn Deutsche mit Ihren Kindern nach Norwegen auswandern, haben die Kinder erst einmal Langeweile in der Schule, da der Lernstoff in Deutschland schon lange dran gewesen ist.
Die Norweger lernen langsamer, was aber auch den Vorteil hat, das die Kinder nicht bereits in der vierten Klasse einen Burnout bekommen, weil sie restlos überfordert sind!
Allgemein lernen die Kinder hier alles, was sie brauchen. Im Allgemeinen wird hier das selbstständige Lernen vorausgesetzt. Oftmals bekommen sie Wochenaufgaben, die zwar anschließend besprochen, aber nicht kontrolliert werden. Meiner Meinung nach fördert dies die Selbstständigkeit viel mehr als dieser Kontrolldrang in deutschen Schulen.
Wetter/Klima
 
 
In den 15 Jahren hatten auch wir schon extreme Winter, die einem das Leben schwer gemacht hatten. Auch festgefrorene Wasserrohre hatten wir einmal, was bei -43 Grad wohl normal ist.
 
Allerdings ist dies in diesen Breiten (Großraum Oslo) selten der Fall.
 
Wir freuen uns immer auf eine „weiße Weihnacht“ – aber die globale Erwärmung ändert das Wetter auch hier. Letztes Jahr gab es das erste Mal schneelose Weihnacht, seit wir hier her gezogen sind.
  
Ansonsten ist das Klima hier viel verträglicher. Es gibt auch hier heiße Tage bis über 30 Grad, allerdings nicht so schwüle und drückende wie in Deutschland.
Heizen

Vor 4 Jahren haben wir uns einen Wärmetauscher geleistet, der uns in der Klimakrise echt Vorteile bringt. In jedem Raum haben wir einen elektrischen Ofen, die allerdings zurzeit aus Kostengründen nicht laufen.
Und wenn die Strompreise mal wirklich zu hoch sind, dann haben wir immer noch die Möglichkeit, mit einem Holzkamin unser Haus auf molliger Temperatur zu bringen. Etwas, was wir uns um die Weihnachtszeit sowieso immer gönnen.
Und der Holzofen ist ein Sicherheitsaspekt: Hier laufen alle Stromleitung oberirdisch. Das macht sie anfällig für Wind, Eis, umkippende Bäume und so weiter. Reparaturen an den Leitung dauern nun mal seine Zeit, und da kann man im Winter gerne mal auf Fernseher oder Internet verzichten, aber eine Möglichkeit, das Haus zu wärmen, ist essentiell!
Multimedia

Wir können uns einfach nicht ans norwegische Fernsehen gewöhnen. Englische Filme sind hier untertitelt, auf Norwegisch selbstredend. Dem zu folgen ist kein Problem, allerdings wollen wir eben einen Film schauen, kein Buch lesen. Da loben wir die deutschen synchronisierten Filme!
Wir geniesen weiterhin deutsches Fernsehen und haben die Sat-Schüssel nach Astra ausgerichtet!
Netflix ist hier ein Problem. Viele Filme sind hier nicht verfügbar, andere nicht synchronisiert und nur in der Originalfassung mit norwegischen oder deutschen Untertiteln vorhanden. Der Support sagte mir mal, das hätte mit den Rechten zu tun – aber nur beim Ton???
Auch diese hochgelobten Proxys bringen da nichts, weil wir bei Netflix nur aus Norweger zählen, die Deutschland besuchen.
Freunde

Freunde? Ganz ehrlich? Haben wir nicht. Bekannte – ja, mehr als genug.
Norweger sind viel introvertierter als Deutsche. Ein „Auf einen Kaffee vorbeikommen“ gibt es in Norwegen nicht. Hier spielt sich mehr oder weniger alles innerhalb der Familie ab.
Da loben wir uns das Internet. WhatsApp und Co. machen hier einiges wett, besonders für Nicole, die es doch liebt, stundenlang mit einer (deutschen) Freundin über Gott und die Welt reden zu können.

Und nun zur Kernfrage: Haben wir es bereut?
 
Es gibt wie bei vielen Entscheidungen auch eine Kehrseite der Medaille, so auch bei der unserer Auswanderung.
Freunde und Verwandte in weiter Ferne zu haben war besonders am Anfang unserer Auswanderung das größte Problem,
besonders für Nicole.
Aber andererseits ist dann die Vorfreude auf ein Sommerurlaub und ein Widersehen umso größer,
und man kann die Zeit viel intensiver genießen!

Doch Alles in Allem überwiegen die Vorteile bei Weitem!
Das Jahr 2022 und die politische Entwicklung in Deutschland hat dies noch einmal bestärkt!
 
Für uns als Familie kommt eine Rückwanderung nicht in Frage. Das Leben hier ist weitaus lockerer und stressfreier.
Was die Zukunft bringt, kann niemand sagen. Aber jetzt sagen wir eindeutig:

Wir bleiben HIER!

Michael, Nicole, Nathalie, Dustin, Aurelia Ilona & Mia-Tiara, Pluto & Bigfoot
Michael, Nicole, Nathalie, Dustin, Aurelia Ilona & Mia-Tiara, Pluto & Bigfoot
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